Margit Mezgolich übernimmt
alleinige Leitung des TAG

Ende der kollektiven Führung im Wiener Theater an der Gumpendorfer Straße (TAG).

Ab der kommenden Saison 2009/10 wird Margit Mezgolich alleinige künstlerische Leiterin des Theaters, das im Zuge der Theaterreform vom „Theater Gruppe 80“ an ein Kollektiv dreier Gruppen übergeben wurde. „Das ist keine Geschichte eines radikalen Umbruchs, sondern einer Entwicklung“, sagte Mezgolich, die vom Trägerverein für ein Jahr als Leiterin gewählt wurde, bei der Spielplanpräsentation am Mittwoch. Die neue Leitungsstruktur soll „eine gewisse Einheitlichkeit im Programm garantieren und Reibungsverluste minimieren“, so Vereinsobmann Gernot Plass.

 Mezgolich, 1971 in Wien geborene Regisseurin und Autorin und schon bisher Mitglied des TAG-Leitungsteams, sprach von der „Erfolgsgeschichte einer Vernetzung“, denn eingereicht hatten 2005 „drei Gruppen , die einander fast überhaupt nicht kannten“. Die „unheimlich schöne, vertrauensbildende Teambildung“ habe nun zu der neuen Struktur geführt, die Plass nicht mit einem klassischen Intendantenmodell, sondern „mit repräsentativer Demokratie“ verglichen haben möchte: „Wir haben im Statut die Leitung intern ausschreibbar gemacht und sie gewählt. Wie ein Mandatar nimmt sie uns nun ein Jahr die Entscheidungen ab.“

Die künftige Leiterin setzt 2009/10 auf vier Säulen: Das Arbeiten mit fixen Ensemble, das Beibehalten des Repertoirebetriebs, das selbst Entwickeln der Projekte sowie die Konzentration auf das Sprechtheater. „Das TAG soll ein Sprechtheater-Hotspot sein“, so Mezgolich. Durch die Einladung zur Projektentwicklung unterscheide man sich auch von anderen Bühnen, die auf Ur- und Erstaufführungstheater bzw. Autorentheater setzten. Als „großes Novum“ werde das Programm nicht mehr von drei Gruppen bestritten, stattdessen sollen Theatermacher aus Wien und dem ganzen deutschsprachigen Raum eingeladen werden. So werden etwa Paola Aguilera („Tiefseetaucher“ hat am 10. Oktober Premiere), Christian Suchy („Iaxnbruad“ kommt am 7. November) und Karl Wozek („Ein Kind unserer Zeit“ nach Ödön von Horvath, ab 2. Dezember) inszenieren.

Neben diesen „Tagwerke“ genannten Projekten sollen an „Werktagen“ mit Laborcharakter weitere Bühnenarbeiten entstehen. Bis 10. Juni können Theatermacher zum Thema „Zukunftsperspektiven“ Ideen und Konzepte einreichen. Mit „OFFenen Fenstern“ will man sich überdies für freie Gruppen öffnen, „da die Spielmöglichkeiten der Freien Szene derzeit rar gesät sind“.

Die Tage für das neue TAG-Modell sind freilich bereits gezählt: Die Wiener Theaterjury befand in ihrem jüngsten Gutachten, dass die Leitung den erwarteten starken Impuls „nicht im erhofften Maße“ gebracht habe, und hat empfohlen, den heuer auslaufenden Vier-Jahres-Vertrag nur um weitere zwei Spielzeiten zu verlängern. Im Jänner 2010 soll für die Vier-Jahres-Periode ab 2011/12 neu ausgeschrieben werden. Geschäftsführer Ferdinand Urbach nannte das Juryurteil „hart“ und gleichzeitig „erhellend, weil es auch die Hilflosigkeit der Jury deutlich macht: Mit dieser ‚halben Empfehlung‘ sind wir wieder im Zustand der Aufweichung und Verwässerung. Erstmals wurden wir mit angeblichen Erwartungen konfrontiert, nach denen wir jahrelang gesucht haben. Diese Erwartungen gab es aber nicht. Wir konnten im Prinzip machen, was wir wollen. Wir wurden in Ruhe gelassen oder alleingelassen – je nachdem, wie man es auslegt.“